Astrid Ludwig

Das Museum wird Kunstobjekt

Matthias Beckmann zeichnet und dokumentiert eine Woche lang das Landesmuseum / Projekt für Galerie Netuschil

Frankfurter Rundschau, 3. April 2007

 

Bleistift, Blätter und den kleinen, faltbaren Hocker hat er stets dabei. Die dreibeinige Sitzhilfe positioniert Matthias Beckmann vor dem Objekt, das seine Aufmerksamkeit fesselt. Das kann das imposante Treppenhaus sein, der rote Feuermelder neben der Tür, der Hydrometer in den Museumsräumen, der präparierte Vogel in der Vitrine oder der schnöde Bürostuhl in einem Mitarbeiterzimmer. Mit schnellen Strichen skizziert der Künstler, was er sieht. Eine Woche lang ist Beckmann von morgens bis abends mit Block und Stift im Landesmuseum unterwegs, streift durch die Ausstellungsräume, Depots und Werkstätten. Der Berliner zeichnet das Museum und alles, was darin ist.

Beckmann macht das Landesmuseum zu seinem Kunstobjekt. Der Zeichner hält jedoch nicht nur die große Kunst, die Exponate der Sammlung und die Architektur des Hauses mit dem Zeichenstift fest. „Wenn man zeichnet, sieht man plötzlich Dinge, die man sonst gar nicht wahrnehmen würde“, sagt der 41-jährige, der in Düsseldorf und Stuttgart freie Graphik und Zeichnung studierte. Und so fällt sein Blick eben auch auf die alltäglichen Dinge, die unscheinbaren Details, das vermeintlich Unwichtige und Nebensächliche. „Ich spüre dem Ort nach, seinem Sinn, dem Repräsentativen oder dem Skurrilen.“ Matthias Beckmann umschreibt das mit dem Wort „Aura“.

Meist sind es Bildserien, die der Künstler fertigt. Oftmals von Museen oder Kirchen. In Berlin hat er aber auch den Bundestag auf diese Weise festgehalten, in Stuttgart das Fraunhofer Institut. Der Zeichner will hinter die Kulissen schauen. „Ich fühle mich als Chronist, der mit dem anachronistischen Mittel der Zeichnung dokumentiert“, sagt er. Im Landesmuseum kommt seinen Zeichnungen tatsächlich dokumentarischer Wert zu, schließt das Haus doch zum Ende des Jahres. Vier Jahre lang werden die geplanten Sanierungsarbeiten im Museum andauern. „Ich halte einen historischen Zustand in meinen Zeichnungen fest, der so hinterher nicht mehr existieren wird“, sagt Beckmann.

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